Krieg und Frieden

Roman von Leo Tolstoi, Fassung des Burgtheaters von Amely Joana Haag unter Verwendung der Übersetzung von Werner Bergengruen

Premiere 4 Dezember 2011 im Kasino am Schwarzenbergplatz

Mit: Elisabeth Augustin, Stefanie Dvorak, Sabine Haupt, Yohanna Schwertfeger, Adina Vetter und Gundars Abolins, Franz Csencsits, Sven Dolinski, Ignaz Kirchner, Peter Knaack, Fabian Krüger, Oliver Masucci, Rudolf Melichar, Moritz Vierboom

Regie: Matthias Hartmann

Eingebettet in die Epoche der Napoleonischen Kriege zwischen 1806 und 1812, an deren Ende der Sieg Russlands steht, erzählt Tolstoi in diesem Monumentalwerk anhand zweier Familiengeschichten den ungeheuerlichen und sich stetig steigernden Kontrast zwischen der dekadenten Gesellschaft des russischen Hochadels und den existenziellen und desillusionierenden Erfahrungen derselben Menschen im Kriegsirrsinn. Es ist ein Tanz auf dem Vulkan in Lackschuhen – bis dann doch plötzlich die Füße brennen… (Inhalt Kasino am Schwarzenbergplatz)

Yohanna Schwertfeger, Ignaz Kirchner, Rudolf Melichar, Adina Vetter, Sven Dolinski, Oliver Masucci, Stefanie Dvorak, Sabine Haupt, Peter Knaack, Moritz Vierboom, Gundars Āboliņš - (c) Georg Soulek

Kritiken

Die Presse (Norbert Mayer): Gesamtkunstwerk: Tolstois „Krieg und Frieden“ – Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann bringt den epochalen russischen Roman auf die Bühne. Ein konzentriertes Ensemble macht dieses Projekt zum Ereignis. … Matthias Hartmann [..], was er aus dessen epochalem, mehr als 1500 Seiten langem „Krieg und Frieden“ auf der Bühne des Kasinos am Schwarzenbergplatz gemacht hat, beeindruckt durchaus. … Man bekommt eine der besten Roman-Dramatisierungen zu sehen, ein Highlight der Saison. … 15 Schauspieler in Dutzenden Rollen [..] schärfen die Erzählung zu einer ironischen und kurzweiligen Show. … Die Musik von Karsten Riedel und Wolfgang Schlögl trägt viel zur Atmosphäre bei. … Was die Dramatisierung hinreißend macht, ist die Wandlungsfähigkeit des Ensembles … Starker, verdienter Applaus.

Wiener Zeitung (Hans Haider): Russland tanzt, liebt, stirbt – Das ideenfunkelnde Repertoire an zeitgemäßen theatralischen Mitteln – inklusive Slapstick, Trash-Irritationen, Blowup-Videos aus einem Ballsaal in Puppenstubengröße – scheint auf das Schönste erschöpft. … Hartmann rückt mit Übertreibungskunst, die jedes Pathos bricht, Szenen in seinen Brennglas-Fokus, in denen über die Welt und Gott philosophiert wird oder die Liebe nach Worten sucht.

Kurier (Michaela Mottinger): Tischerücken mit Tolstoi – Endlich ausgeprobt: Matthias Hartmann hat seine Produktion „Krieg und Frieden“ zur Premiere freigegeben. Ein Riesenerfolg! … [Matthias Hartmanns] hervorragende Arbeit [ist] anarchistischer, wendiger, weniger ehrfürchtig geworden. … Die Darsteller (ihr „Chef“ an der Spitze: Ignaz Kirchner als alter Fürst Bolkonskij) sind entfesselt.

Kleine Zeitung (Reinhold Reiterer): Dekadenz der russischen Aristokratie – 15 überwiegend großartige Darsteller, die an die 100 Rollen übernehmen, üben in erster Linie eine Art Erzählfunktion aus. … Nach vier Stunden vierzig mit zwei Pausen jubelte das Premierenpublikum.

Salzburger Nachrichten (Julia Danielczyk): Destillat eines langen Prozesses – Soziale Zustände, Beziehungswirren und Liebesgeflechte: Burgtheater Direktor Matthias Hartmann stellte nun eine Endfassung von Leo Tolstois „Krieg und Frieden“ vor und erntete Begeisterung. … Dass diese fünf Stunden wunderbar kurzweilig geraten, ist freilich vor allem der Leistung des Ensembles geschuldet. … Der begeisterte, von keinerlei Ermüdung gezeichnete Applaus bestätigte, dass es sich bei dieser Inszenierung um eine von Hartmanns beeindruckendsten Arbeiten der letzten Jahre handelt.

Die Zeit (Andrea Heinz): Unter dem Zeiger der Weltgeschichte – Als ginge es um alles … Zumeist aber und wesentlich eleganter verharrt das Ensemble in einer zeitlosen, an Shakespeares Zauberkönig Prospero erinnernden Fantasie-Schwebe. … Die allesamt großartigen Schauspieler spielen jeder zahlreiche Rollen, sie legen sie an und ab, wie es ihnen gerade passt. … Man springe auch, ließ Hartmann schon vor Beginn wissen, zwischen den Seiten. Um der Erzählbarkeit willen. …. Es zeigt sich auch, dass dieser Text, wenn überhaupt, nur so auf die Bühne gehört: Als ginge es um nichts, als sei alles ein großes Spiel.

FAZ (Dirk Schümer): Ganz Russland passt auf diese Bühne – Vom seltenen Glück eines dramatisierten und eigentlich nicht für die Bühne gedachten Romans … Hat sich das Personal der größenwahnsinnigen Geschichte erst mal sortiert, wird es unerwartet innig. … keine heroischen Kostümfilmkomparsen, sondern dezent gegenwärtig gekleidete Normalmenschen, die sich hinter Tolstois genial skizzierten Gesten und Dialogen nicht verstecken. … Hartmann hat aus den Püppchen der Historie Seelen geformt. … Man kann so einen Roman gar nicht inszenieren. Außer manchmal. Außer diesmal.

Links

Die Presse berichtet über Dominic Lievens monumentales Buch „Russland gegen Napoleon. Die Schlacht um Europa“, das soeben auf Deutsch erschienen ist (Verlag C. Bertelsmann). Lieven hat erstmals russische Quellen einbezogen und kommt zu neuen Schlüssen (siehe auch die ausführliche Beschreibung bei Deutschlandfunk / dradio.de).

OE1 geht auf die Arbeit Matthias Hartmanns bei der Dramatisierung des ersten Teils des Romans ein: „Was wir gelernt haben, ist, wie man mit dem heiligen Werk assoziativ und sprunghaft umgeht“, sagt er.

Sehr ausführlich stellt Radio Wien die Entstehung dieser Aufführung dar, die öffentlichen Proben seit April 2010 in St. Petersburg, Prag und Hamburg, ein Arbeitsprozess der 2011 mit einem Nestroy-Spezialpreis ausgezeichnet wurde. Hartmann: „Kaum ein Regisseur wird sagen, jetzt zur Premiere ist die Inszenierung wirklich fertig. Viele würden noch gerne weiterarbeiten. Andererseits ist ja das Reizvolle am Theater, dass es in gewisser Weise immer die Veröffentlichung einer nie ganz abgeschlossenen Entwicklung ist.“

Der Roman auf deutsch beim Projekt- Gutenberg und zB als kostenloses (aber scheinbar gekürztes) Kindle-Buch bei Amazon.

Eine ausführliche Besprechung des Romans ‚Krieg und Frieden‘ findet sich bei Wikipedia, mit Inhaltsangabe, Rezeption, Personenverzeichnis etc, ebenso der englische Text; auch als kostenloses Hörbuch bei Librivox.

3sat – Kulturzeit (7.12.2011): Krieg und Frieden am Burgtheater Wien auf YouTube

Weiters auf YouTube Gastspiele im Alexandrinsky Theater.

Verfilmungen von ‚Krieg und Frieden‘ zB: