Theaterstück von Heinrich von Kleist
Premiere 11 September 2011 im Akademietheater
Mit: Roland Koch (Walter, Gerichtsrat), Michael Maertens (Adam, Dorfrichter), Juergen Maurer (Licht, Schreiber), Maria Happel (Frau Marthe Rull), Yohanna Schwertfeger (Eve, ihre Tochter), Ignaz Kirchner (Veit Tümpel, ein Bauer), Peter Miklusz (Ruprecht, sein Sohn), Therese Affolter (Frau Brigitte), Brigitta Furgler (Margarete, Magd)
Regie: Matthias Hartmann
In einem Dorf bei Utrecht trifft der Schreiber Licht den Dorfrichter Adam morgens in der Amtsstube jämmerlich zugerichtet an. Unglücklicherweise beginnt gleich der Gerichtstag, und die Kläger warten schon. Plötzlich wird auch noch die Ankunft des Gerichtsrats Walther gemeldet. Der möchte auf seiner Revisionsreise heute der Sitzung beiwohnen. Peinlich für den Dorfrichter, weil seine Amtsperücke nicht aufzufinden ist.Gerichtsrat Walther wird Zeuge, wie Marthe Rull den Bauernsohn Ruprecht anklagt, ihren wertvollen Krug zerbrochen zu haben. Sie hat die Scherben bei ihrer Tochter Eve gefunden. Ruprecht wiederum behauptet, einen Fremden beobachtet zu haben, der durchs Fenster des Zimmers seiner Verlobten geflohen sei und dabei den Krug vom Kaminsims gefegt hätte. Mit allen Mitteln versucht Marthe, den Ruf ihrer Tochter zu retten. Der Dorfrichter jedoch trägt wenig zur Aufklärung bei, und es wird nach und nach immer klarer, dass der klumpfüßige Adam sich gezwungen sieht, über seine eigene Verfehlung zu Gericht zu sitzen. (Inhalt Akademietheater)
Kritiken
Die Presse (Norbert Mayer): Schmutzige Geheimnisse bei Kleist – Matthias Hartmann inszeniert das Lustspiel „Der zerbrochne Krug“ zynisch-unterhaltsam, mit Kabinettstücken für die Stars, aber doch nicht ganz stimmig. Seine Interpretation ist plakativ.
Der Standard (Ronald Pohl): Wo warst du, Adam? – Mit viel komödiantischem Handwerk, aber ohne rechten Erzählplan macht sich das Burg-Ensemble im Akademietheater auf die Suche nach Heinrich von Kleists „Zerbrochnem Krug“. … [Matthias Hartmanns] Zerbrochnen Krug fehlt es nicht an schauspielerischer Klasse. Was schmerzlich abgeht, ist eine ästhetische Haltung: der Wille, das Leben eines schuldlos Schuldigen aufs Spiel zu setzen.
Wiener Zeitung (Hilde Haider-Pregler): Schlacht um die Scherben … Michael Maertens zeigt stattdessen die facettenreiche Persönlichkeit eines smarten, sich unwiderstehlich und unangreifbar wähnenden, eitlen Lokalpolitikers, dem dank orthopädischer Schuhe sein körperliches Gebrechen kaum anzumerken ist. … Und am Ende gab es stürmischen und lang anhaltenden Applaus für einen erfrischenden, manchmal allzu sehr clowneske Komik hervorkehrenden Theaterabend.
Kleine Zeitung (Reinhold Reiterer): Der Krug versinkt im Sumpf – Premierenerfolg im Akademietheater. Mit deutlichen Anspielungen auf das politische Personal inszeniert Matthias Hartmann Kleists „Der zerbrochene Krug“. … Jetzt beginnt ein urkomisches Spiel vom Wahren des Scheins. Mit Verrenkungen und Balanceakten. Vor allem Maertens, Koch, Maurer und Happel lassen so richtig die komödiantische Sau heraus.
Kurier (Guido Tartarotti): Handwerklich perfekt – Matthias Hartmann inszeniert Kleists „Der zerbrochne Krug“ im Akademietheater mit einem Luxusensemble – kurzweilig und mit bösen Pointen. … Matthias Hartmann lässt Kleists Klassiker zwar texttreu, aber gegen die Aufführungstradition spielen. Bei Hartmann wissen sichtlich alle von Beginn an, dass der Richter in Wahrheit der Schuldige ist. … Die Besetzung ist luxuriös. Michael Maertens spielt den Adam wie man es von ihm erwartet: Virtuos, aber bei aller Komik nicht Karikaturenhaft. … Hartmanns Inszenierung ist genau, kurzweilig und mit viel Slapstick ungeniert auf Lacher aus (und das ist als Lob gemeint). Der einzige Vorwurf, der sich erheben lässt: Sie ist in ihrer Perfektion fast ein wenig glatt und geheimnislos.
OE1 (Sebastian Fleischer ): Ein überzeugendes Ensemble, allen voran Michael Maertens in der Hauptrolle, sorgte für Jubel beim Premierenpublikum. … Eine überzeugende Reverenz des Burgtheaters an Heinrich von Kleist.
oe24: Schlamm-Catchen mit Hartmann – Mit Mut zum Slapstick inszenierte Matthias Hartmann Kleists „Zerbrochnen Krug“. … Maria Happel als schnatternde Klägerin ist ein rustikales Elementarereignis.
Die Zeit (Peter Kümmel): Wie man das Böse einzäunt – Gelächter über Abgründen … In Wien sehen wir einen Adam, der leicht ist wie ein Fähnchen; ein Multioptionalist von heute. Michael Maertens spielt einen Stand-up-Trickser, dem man beim Verfertigen der Lüge im Reden zusehen kann. … Der Schlamm ist das, was uns verbindet und zusammenhält: Er wärmt uns alle. Politisches Theater hat einmal bedeutet, diesen Umstand für unzumutbar zu erklären. Heute gibt es sich damit zufrieden, ihn opulent zu beleuchten.
Die Welt (Ulrich Weinzierl): Psychoboulevard und Schlammschmiere – Glück und Elend des Wiener Saisonauftakts: Thomas Vinterberg brilliert mit “Die Kommune”, Matthias Hartmann enttäuscht mit seinem “Zerbrochenen Krug”.
Links
Der zerbrochne Krug – Hintergrund
Österreichisches Theatermuseum – Ausstellung über Heinrich von Kleist – 20. Oktober 2011 bis 18. März 2012