Todestanz-Lebenstanz

Theaterstück von August Strindberg (Todestanz – eigentlich Totentanz) und Friederike Roth (Lebenstanz)

Premiere und Uraufführung 27 Oktober 2011 im Theater in der Josefstadt

Mit: Michael Abendroth (Edgar, Der Alte), Sandra Cervik (Alice, Die Frau), Joachim Nimtz (Kurt, Das Mumienwesen)

Regie: Günter Krämer

Todestanz
Die Macht der Liebe
Wie es zur Uneinigkeit zwischen Ehegatten kommen kann, ist wohl noch ungeklärt. Sie lieben einander, leiden, wenn sie getrennt sind. Und dennoch: ein Wolkenfetzen taucht auf, alle Vorzüge verwandeln sich in Fehler, und sie stehen einander wie zischende Schlangen gegenüber. Zwei Ehegatten, die einander lieben, können daher bis in alle Ewigkeit fragen, warum sie einander hassen, das heißt, einander fliehen, obwohl es sie zueinander zieht.

Lebenstanz
Eine Frau stürzt. Sie fällt aus einer Welt und erwacht in einer Welt, in der die Dinge und die Ereignisse ihre Selbstverständlichkeit verloren zu haben scheinen. Doch auch hier herrschen die altvertrauten Verhaltensmuster, die allzu bekannten Leidenschaften, Ängste und Hoffnungen. Und auch wer freiwillig oder unfreiwillig hier lebt, bleibt groteskerweise nicht verschont von eitler Selbstbespiegelung, heftigem Liebeswehen, von Eifersüchteleien und Neidattacken. (Inhalt Theater in der Josefstadt)

Joachim Nimtz, Sandra Cervik, Michael Abendroth - © Astrid Knie

Kritiken

Die Presse (Norbert Mayer): „Todestanz“ mit Krampf und dem Hang zum Kitsch – Die Mesalliance von Friederike Roths „Lebenstanz“ mit August Strindbergs Ehedrama, zu sehen im Theater in der Josefstadt, ist misslungen. … Was Strindberg verknappt, blähen Roth und Krämer zu einer Gruppentherapie auf, in der ein Chor der „Leidensfreien“ im Outfit von Lady Gaga auch noch falsche Hoffnungen weckt. … Zum Glück spielt Cervik die weibliche Doppelrolle als Edgars Gattin Alice bei Strindberg und als „Die Frau“ bei Roth. … Cervik ist eine Wucht … Neben Abendroth als sterbendem Irren bzw. als „Der Alte“ spielt Joachim Nimtz den sogar in Sexszenen harmlosen Besucher Kurt bzw. „Das Mumienwesen“, als wäre er aus einem Boulevardstück ausgeborgt.

Der Standard (Margarete Affenzeller): Die Wüste lebt nicht – Roth hat Strindbergs Text mit ihrem eigenen unterminiert. Keine Gegenüberstellung oder klassische Fortschreibung war beabsichtigt, sondern ein Ineinandergreifen zweier Handschriften. … Ein Ding schierer Unmöglichkeit, und davon gab die Uraufführung am Donnerstagabend auch ein bitteres Zeugnis ab. … Der Abend machte sich von dem über die bloße Hinfälligkeit des Lebens hinausweisenden Text Roths keine Vorstellung. Er wurde deshalb immer schmäler.

Wiener Zeitung (Hilde Haider-Pregler): Auf der Probebühne des Lebenstheaters – Günter Krämer zeigt Strindbergs Ehehölle als ritualisiertes Komödienspiel eines leicht verspießerten, in Hassliebe aneinander geketteten Paares kurz vor der Silberhochzeit, beim abendlichen Kartenspiel. … Friederike Roth führt die Geschichte als „Lebenstanz“ weiter. In einer irritierenden Sprache, die poetisch-melancholische Passagen mit Banalitäten verschränkt. … Alles in allem: Ein schauspielerisch exzellenter, aber recht zwiespältiger Abend, der allemal zum Nachdenken anregt. Ist doch gerade an scheinbaren Plattitüden viel Wahres dran.

Kleine Zeitung (n/a): Ein missglückter „Lebenstanz“ hatte am Donnerstag am Theater in der Josefstadt in Wien Premiere. … Regisseur Günter Krämer scheint bei der Uraufführung der der Teufel geritten zu haben. So setzt er auf eine symbolistisch überfrachtete Ägyptomania (Bühnenbild: Herbert Schäfer) mit Fernand Knopffscher Sphinx, Gott Anubis und Mumie. Dann steckt er Sandra Cervik in eine Lady Gaga-Kostümierung. Schade.

OÖNachrichten (Reinhold Reiterer): Nur der Schlussgong rettet vor dem szenischen K.o. … eine Friederike-Roth-Uraufführung in der Josefstadt, die wegen der inszenatorischen Geschmäcklerei nicht wirklich beglückt. … Roths austarierte Dramaturgie muss vom szenischen Illustrationshammer einen ordentlichen Kinnhaken einstecken.

Die Welt (Paul Jandl): Im Negligé der Niedertracht – Friederike Roth verwurstet August Strindbergs „Totentanz“ am Wiener Theater in der Josefstadt … Regisseur Günter Krämer will Komödie statt Tragödie, Typen statt Tiefsinn … Michael Abendroth als Edgar ist ein präsenil zitternder, abgehalfterter Militär, dem die Hemdzipfel aus der Reiterhose hängen, Sandra Cervik als Alice eine Morgenmantel-Megäre, aus der in angezogenem und anziehenderem Zustand einmal etwas hätte werden können. Diva!

Links

„Ich mag Ihre Stücke wahnsinnig“; huldigt Herbert Föttinger kurz vor den Proben Friederike Roth, weiß OE1 zu berichten. Und Friederike Roth sagt über Regisseur Günter Krämer: „Für mich kapiert er es am besten. Frühere Erfahrungen zeigen mir, dass er das intensivste Gefühl für meine Sprache hat.“

Der Standard bringt ein ausführliches Interview mit Friederike Roth: „Ich habe ja keinen Gegenstand, über den ich schreibe. Im Schreiben entwickelt sich der Gegenstand des Schreibens durch das Schreiben. Gleichzeitig sollte es eben nicht „konkrete Poesie“ werden, reines Lautspiel. Ich wollte etwas mitteilen, was man gar nicht mitteilen kann, sondern das sich erst beim Schreiben einstellt.“

Ausführliche Biografie von August Strindberg und Werkbesprechung (Wikipedia)

Über den Totentanz und seine Historie (Wikipedia)

Eine Kritik Kurt Tucholskys über eine Aufführung von Strindbergs ‚Totentanz‘ am Deutschen Theater in Berlin.

Ingmar Bergman über den Einfluss von August Strindberg auf sein Werk (YouTube)