Theaterstück von William Shakespeare
Premiere 29 Oktober 2011 im Burgtheater
Mit: Daniel Sträßer (Romeo), Yohanna Schwertfeger (Julia), Branko Samarovski (Bruder Lorenzo), Fabian Krüger (Mercutio), André Meyer (Benvolio), Daniel Jesch (Tybalt), Ignaz Kirchner (Capulet), Petra Morzé (Lady Capulet), Gerrit Jansen (Graf Paris), Franz Csencsits (Prinz), Brigitta Furgler (Amme)
Regie: David Bösch
Im Verona des frühen 15. Jahrhunderts leben zwei bis aufs Blut verfeindete Familien: die Montagues und die Capulets. Romeo Montague erscheint maskiert auf einem Ball der Capulets und begegnet dort deren 14-jähriger Tochter Julia. Die beiden verlieben sich auf der Stelle. Doch ein Unstern thront missgünstig über dieser Liebe.
Nach einer heimlichen Hochzeit wird Romeo auf dem Marktplatz von Tybalt, einem Capulet, beleidigt, lässt sich aber nicht auf einen Kampf ein. Stattdessen kämpft sein Freund Mercutio. Als Romeo zwischen die Streitenden tritt, wird Mercutio getötet. Aus Rache ermordet Romeo Tybalt und wird daraufhin verbannt. Vor seiner Flucht aus Verona verbringt er noch eine Nacht mit Julia – die Hochzeitsnacht. Julia ist verzweifelt, weil ihr Vater sie mit dem Grafen Paris vermählen will. Hilfe verspricht sie sich von einem mysteriösen Trunk, der den Trinkenden in einen zweiundvierzigstündigen, todähnlichen Schlaf versetzt. Und das vorbestimmte Unheil nimmt seinen Lauf. (Inhalt Burgtheater)
Kritiken
Kurier (Guido Tartarotti): „Romeo & Julia“ in der Pubertät – David Böschs Remake seiner eigenen Inszenierung von 2004 teilt das Publikum in Jubelnde und Verärgerte. Dabei ist sie einfach schön. … Das ist eine starke, schöne, aufregende Inszenierung. Sie ist ungewöhnlich, aber sie hat Charme und Stil und Kraft. … David Böschs Remake seiner eigenen Inszenierung von Bochum (2004) zeigt Julia, Romeo und dessen Gang nicht, wie sonst üblich, als junge Erwachsene. Sondern als Kinder. Als Pubertierende, in deren Köpfen die Hormone summen und brummen. … Die schauspielerischen Leistungen sind wunderbar: Zwar übertreibt Yohanna Schwertfeger wieder einmal das Kleinmädchenhafte, dennoch ist diese Julia ihre bisher beste Leistung in Wien. Daniel Sträßer ist ein fantastischer, unbesiegbar junger Romeo. … Alle toll.
Die Presse (Norbert Mayer): „Romeo und Julia“ als kurze Raserei – David Bösch inszeniert William Shakespeares verhinderte Komödie hinreißend. Yohanna Schwertfeger und Debütant Daniel Sträßer sind ein glaubwürdig junges Liebespaar, umgeben von einem exzellenten Ensemble. … Regisseur David Bösch [..] behält das Fixe der Jugend und die Verflixtheit des Schicksals immer klar im Auge. Er hackt den Text [..] auf ein gefühltes Drittel zusammen, er modernisiert ihn in Nebenbemerkungen aufs Gröbste und lässt es rocken – doch blieb, oh Wunder, in zweieinhalb Stunden (inklusive Pause) das Wesentliche von Shakespeare erhalten. … Die Nebenrollen sind auf das Spiel fein abgestimmt. … Bei den Kampfszenen der jungen Männer, die dem Stück von Anfang an die abschüssige Richtung geben, hat Klaus Figge ein Feuerwerk der Choreografie entfacht.
Der Standard (Ronald Pohl): Erotikkurs für ABC-Schützen – Mit berufsjugendlichem Charme, aber ohne gesteigertes Interesse an Erkenntnis hat Regisseur David Bösch William Shakespeares „Romeo und Julia“ vom Blatt inszeniert … Gelegentlich verströmt die Produktion mit ihrem berufsjugendlichen Furor die Atmosphäre einer Clerasil-Werbung. Andererseits besteht die Welt der Erwachsenen aus bitterbösen Karikaturen … Das Publikum hatte sich in die Schauspieler ein bisschen verliebt, in den Regisseur eher gar nicht: Bösch erntete für seine insgesamt wenig erhellende Bemühung eine Menge Buhrufe.
Wiener Zeitung (Hilde Haider-Pregler): Das ewige Märchen – David Bösch inszeniert ein Musterbeispiel einer zeitgemäßen Klassiker-Annäherung … David Bösch nimmt die Leidenschaft und die Unbedingtheit der Emotionen ebenso ernst, wie er auf der anderen Seite überbordende, drastische Komik, wo auch gekotzt und gekalauert werden darf, gekonnt ausspielen lässt und, ohne in Kitsch zu verfallen, mit Szenen stiller Poesie zu berühren versteht. Das Resultat: ein großer Burgtheaterabend, Musterbeispiel einer zeitgemäßen Klassiker-Annäherung.
Salzburger Nachrichten (Julia Danielczyk): Ungebremste junge Liebe – Der Jungregisseur David Bösch stellt eine effektstarke, freche, witzige Version von Shakespeares Tragödie vor, die mit Bildern und Versatzstücken aus Fernsehen und Comics arbeitet. … Buhrufe gegen die manchmal platten, sexualisierten Bilder konkurrierten mit „Bravi!“ für eine leichte, junge Sicht auf die Liebe.
OÖNachrichten (Reinhold Reiterer): „Romeo und Julia“: Forcierte Pubertätstragödie – Bösch forciert die juvenile Spielerei, die gelegentlich ins Infantile abdriftet, bis der Erste erstochen tot umfällt. … [Das Ensemble agiert] so, als ob es in die „West Side Story“ geraten wäre. So manche Erwachsenenfiguren wie Julias Eltern (Petra Morzé, Ignaz Kirchner) kommen als Karikaturen daher. … Auf der großen Burgtheaterbühne gehen die intimen Momente einer tragischen Liebesgeschichte zweier ganz junger Menschen gelegentlich verloren.
oe24 (Christoph Hirschmann): Eine Theater-Sternstunde – Endlich kann man wieder eine Theateraufführung wärmstens empfehlen. … Der 33-jährige David Bösch inszenierte am Burgtheater Romeo und Julia so rundum famos, dass man tatsächlich von einem Glücksfall sprechen kann. Hier stimmte einfach alles. … Der frischg’fangte 23-jährige Daniel Sträßer beweist als draufgängerisch Erobernder und sensibel Liebender durchgängige Bühnenpräsenz. Yohanna Schwertfeger (29), derzeit die Burgtheater-Jugendliche schlechthin, berührt als verliebtes Kind, dem die Wonnen des Erwachsenwerdens nur kurz vergönnt sind. … Die Nebenrollendarsteller von Ignaz Kirchner (Capulet) über Petra Morzé (Lady Capulet) bis André Meyer (Benvolio) – alle blendend!
Links
Euronews zeigt einen TV-Bericht über diese Aufführung.
Eine Ergänzung zur Kritik findet sich in der Wiener Zeitung, wo die Aufführung und zB ihre Entsprechung zum Heute besprochen wird.
OE1 erinnert, dass David Bösch ‚Romeo und Julia‘ bereits 2004 in Bochum und 2005 in Zürich jeweils unter der Direktion von Mathias Hartmann inszeniert hat. In Wien sei es „… eine „Koproduktion“ zwischen dem 26-Jährigen, der das Stück in Bochum inszeniert habe, und dem 33-Jährigen, der es jetzt am Burgtheater zur Aufführung bringe, sagt Bösch.“
Ebenfalls bei OE1: der Werdegang von Daniel Sträßer, der als Romeo am Burgtheater debütiert (plus weiterführende Links).
In einem Interview mit den Salzburger Nachrichten schildert Daniel Sträßer seinen Weg vom Mozarteum in Salzburg an das Burgtheater in Wien.
Ein Gespräch mit Regisseur David Bösch führt Die Presse: Er spricht über das Brüchige der Liebe. An Katharsis und Identifikation glaubt er eher als an die moralische Anstalt. Im März 2012 wird Bösch am Akademietheater Ibsens ‚Gespenster‘ inszenieren.
Im Kurier erklärt David Bösch unter anderem: „Wir zeigen eine poetische, märchenhafte Welt, eine Art italienischer Lustgarten mit Wasserspielen. Und wir haben einen Balkon, der zum Sarg wird.“
Bilder der Aufführung im Kurier.
Ausführliche Inhaltsangabe, Interpretation und Analyse von ‚Romeo und Julia‘ auf Wikipedia.
Der Text von ‚Romeo und Julia‘ in der Übersetzung von Schlegel und Wieland beim Projekt Gutenberg bzw als E-Book hier oder im Original bei Many Books.
‚Alles‘ über und rund um William Shakespeare auf Wikipedia; deutsche Website William Shakespeare mit Biografie, Werken (auch der Text von ‚Romeo und Julia‘) und mehr.
Auf Englisch zB Shakespeare-Online oder The Complete Works of William Shakespeare.
Ein herzzerreißendes Stück für den, der es kennt, aber als alberne Slapstick-Komödie noch herzzerreißender für den Zuschauer . Wer schützt den armen Autor vor ordinärem Geblödel? Wie kann man es bloß fälschlich als Romeo und Julia von Shakespeare ankündigen, wenn vom Dichter bloß ein paar Sätze geblieben sind und die Aufführung besser zu den Pradler Ritterspielen oder in die Stegreifbühne von Tschauner gepasst hätte? Roman und Liane von (Name des/der für die Verunstaltung Verantwortlichen) hätte besser gepasst. Bevor man Klassiker auf solchem Niveau abhandelt, sollte man es bleiben lassen. Wenn das Kultur sein soll, was ist dann Unkultur? Mir graut vor einer Gesellschaft, der das gefällt und die Klassiker so sehen will. Diese Leute kann man wohl zu allem bringen.