Der Komet

Theaterstück von Justine del Corte

Premiere und Uraufführung 9 September 2012 im Akademietheater

Mit: Sylvie Rohrer (Elisabeth), Fabian Krüger (Arthur), Sabine Haupt (Vera), Peter Knaack (Nick), Dorothee Hartinger (Anna), Corinna Kirchhoff (Greta), Anna Drexler (Isabel), Barbara Petritsch (Nane), Martin Reinke (Gregor), Petra Morzé (Dagmar), Martin Schwab (Lothar)

Regie: Roland Schimmelpfennig

Eine Hochzeitsgesellschaft versucht, die gemeinsam erlebte Hochzeitsfeier, welche vor zehn Jahren stattgefunden hat, exakt zu wiederholen – auf dringenden Wunsch der Braut. „Was ist, wenn wir im Tod von unserem Leben träumen?“ sagt diese und erprobt anhand des Versuchs der Wiederholung mit enormer Verve, die Angst im Nacken, einen verblüffenden Gegenentwurf zum Gesetz der Vergänglichkeit von Glück.

Ihre Mitspieler sind unter anderem ein Schriftsteller, der noch nie geschrieben hat, ein unfruchtbarer Arzt, der dennoch neues Leben schenken kann, ein alter Mann aus dem Jenseits und ein junges Mädchen, das beim Vorbeiziehen eines Kometen große Wünsche hat. Doch der Versuch, die Zeit zehn Jahre zurückzudrehen, bringt allerhand aberwitzige Komplikationen mit sich: die ehemals siebenjährige Isabel kann ihr Kleid jetzt nur noch als Top tragen, Wiederholungen von damaligen Ehestreits evozieren weitere, die nicht dem Script entsprechen, und neue Partner sind unzureichend vorbereitet für die Rekonstruktion von nie Erlebtem. (Akademietheater)

Akademietheater - Der Komet

Peter Knaack (Nick), Sabine Haupt (Vera), Fabian Krüger (Arthur), Sylvie Rohrer (Elisabeth), Barbara Petritsch (Nane), Martin Reinke (Gregor), Petra Morzé (Dagmar) – (c) Reinhard Werner / Burgtheater

Kritiken

Die Presse (Barbara Petsch): Lüsterne Party, witzig, aber auch geschwätzig – „Der Komet“, eine Uraufführung von Justine del Corte im Akademietheater, mischt Antike mit Schamanismus. Die Tragikomödie ist anfangs amüsant, später langatmig, trotz des bestens disponierten Ensembles. … Del Corte mischt locker Tief- und Flachsinn. Das Perfide, die Bösartigkeit der Dramen Yasmina Rezas fehlen, auch Woody Allens Eleganz und tiefes Wissen um die Pointe … Es gibt köstliche Wortduelle, treffende Beobachtungen, aber auch ermüdendes Geschwätz. Jeder hat mindestens einen großen Soloauftritt, wobei sich speziell die sonst eher in tragischen Rollen präsente Corinna Kirchhoff als beachtliche Komödiantin bewährt. … Hier hat offenkundig einer gefehlt, der kühn gestrichen und in diesem überbordenden und durchaus auch einfallsreichen Text die Spreu vom Weizen getrennt hätte.

Kurier (Michaela Mottinger): Bis das letzte Lämpchen verglüht– Ein Abend, der lieber lang statt tiefgründig war. … Es wäre mehr gewesen, wenn … irgendjemand den Mut gehabt hätte, weniger draus zu machen. … So wirken etwa Sylvie Rohrer als Elisabeth und Fabian Krüger als Göttergatte und Gott in Weiß (Chirurg!) wie einem Griechendrama entsprungen. … Ähnlich überspannt agiert Dorothee Hartinger als mannstolle Anna – outrieren, bis das Kleid platzt und den Blick auf ein himmelblaues Höschen freigibt. Einzig Corinna Kirchhoff als abgetakelter Bühnenstar überzeugt auf diese Art. … Wie anders hingegen Sabine Haupt und Peter Knaack, die sich als Vera und Nick an ihrer Hassliebe (er: Liebe, sie: Hass) aufreiben. Oder die wunderbare Barbara Petritsch, die als Alkoholikerin die trockensten Kommentare des Abends absondert. Martin Reinke überzeugt als gescheite, gescheiterte Schriftstellerexistenz.

Der Standard (Margarete Affenzeller): Hirschtänze für einen friedlichen Tod – Justine del Cortes Tragikomödie „Der Komet“ zielt unter die Gürtellinie, erregt in der Regie von Roland Schimmelpfennig die Gemüter aber keineswegs. Auf einen spaßigen ersten Teil folgt am Akademietheater der schwülstige Stillstand. … Zwar röhren Martin Reinke als Sexgott mit Bangladesch-Erfahrung und Peter Knaack als Jungvater kräftig in den Spritzeimer, und es rüstet sich Dorothee Hartinger (ulkig) mit löchrigem Kleid für den Hirschtanz. Doch wirkt das alles ein wenig schief aufgesetzt wie die Geweihäste und die Blumenkränze, die man für den Hauptakt flicht.

Wiener Zeitung (Petra Rathmanner): Mit den Waffen einer Braut – Halblustige Uraufführung von Justine del Cortes „Der Komet“ … Bis zur Pause bietet die mehr als dreistündige Aufführung durchaus Kurzweil und einige geglückte Figurenporträts – eine wunderbar verkniffene Sabine Haupt, eine würdevoll distanzierte Barbara Petritsch, ein still leidender Peter Knaack -, stilsicher platzierte Bosheiten und effektvollen Slapstick: Fabian Krüger darf als verlässlich-lässiger Bräutigam mit dem Gesicht voran in der dreistöckigen Hochzeitstorte landen. … Im zweiten Teil verlässt die Hochzeitsshow indes die gesicherten Bahnen des Boulevards, und es wird zunehmend unklar, wohin Text und Inszenierung steuern. Die großen Themen Vergänglichkeit, Liebesverrat und Sinnsuche werden zwar angerissen, Umsetzung und Interpretation weisen jedoch nicht über Variationen alltäglicher Unzufriedenheit hinaus.

Kleine Zeitung (Reinhold Reiterer): Hochzeit in Niedertracht – Schwaches Stück, grandioses Ensemble. … Das Problem dieses Stück der in Mexiko geborenen deutschen Autorin liegt vor allem darin, dass die Bühnenfiguren durch die Bank absolute emotionale und intellektuelle Flachwurzler sind und dass es einen zweiten Teil hat, der sich wie ein Strudelteig zieht. Die Genannten sowie Barbara Petritsch, Peter Knaack, Dorothee Hartinger, Corinna Kirchhoff und Anna Drexler erweisen sich jedoch als begnadete Komödianten, sonst wäre dieses theatralische Leichtgewicht in der Regie von Roland Schimmelpfenning schwer erträglich.

Die Welt (Ulrich Weinzierl): Hilfe, mein Ehemann ist kometenschwanzgesteuert! – Die Erwartungen sind beträchtlich, denn der Text liest sich gar nicht übel, im Gegenteil. Über den Yasmina-Reza-Boulevard gelangt man hier ins Thomas Vinterberg-Gässchen. … Leicht hätte die Regie durch beherztes Kürzen Schlimmes verhindern können. Aus der Vorlage wäre ohne Zweifel etwas böse Vergnügliches, durchaus Bühnentaugliches zu machen. … Auch neben der Kirchoff sind herrliche Schauspieler aus dem heutzutage wohl besten deutschsprachigen Ensemble am Werk. … Kaum zu glauben, aber wahr: Es erinnert an drittklassiges Stadttheater, an ein Stelldichein von lauter Knallchargen. Jeder Ton wirkt aufgesetzt, belastet vom Fluch des Gekünstelten, völlig Unnatürlichen.

Deutschlandfunk (Günter Kaindlstorfer): Und ewig grüßt das Standesamt – Leider hat die Autorin ihr Stück mit albernen Gags und pseudotiefsinnigen Exkursen überfrachtet. … Am spielfreudigen Ensemble liegt es nicht, dass dieser Komet im Akademietheater nicht so recht einschlägt. Sylvie Rohrer, Fabian Krüger, Martin Reinke, Corinna Kirchhoff und eine hinreißende Dorothee Hartinger hauchen der Hochzeitsgesellschaft komödiantisches Feuer ein. … Matter Applaus und ein paar pflichtschuldige Bravos fürs Ensemble. Aus diesem Abend hätte man mehr machen können.

Deutschlandradio (Michael Laages): Schmarren im Quadrat – Vor allem aber taugt del Cortes Sprache überhaupt nicht zur starken Komödie – so angestrengt witzelt sie sich durch über drei Stunden. … Der Abend ist (was sonst an der Burg?) hoch besetzt – aber was etwa Corinna Kirchhoff als schusselige Bühnen-Diva, Dorothee Hartinger als männerjagendes Film-Sternchen und Barbara Petritsch als Familienmutter beisteuern dürfen, ist wirklich elend.

Links

Justine del Corte über ihr Stück „Der Komet“ in Die Presse: „Aber in all meinen Stücken geht es um Liebe. Und um Sexualität. Die stärksten Antriebskräfte des Menschen.“

Roland Schimmelpfennig spricht im Kurier über das neue Stück und die Arbeit mit seiner Frau Justine del Corte: Bei Del Corte … sieht er jeden Satz weniger als Beraubung der Figur. Als Beschädigung ihres Facettenreichtums. Auch die exakten Regieanweisungen seiner Frau – bis hin zur genauen Beschreibung von Bühnenbekleidung – gilt es für ihn einzuhalten.

Der Standard interviewt Roland Schimmelpfennig: „Die Figuren im Komet beschäftigen sich sehr stark mit den letzten Dingen. Trotz aller Komik und scheinbarer Leichtigkeit ist der Tod ein zentrales Motiv.“ Und weiter: “ Ich halte das Regietheater in den meisten Fällen für eine gewaltige Selbstüberschätzung.“

OE1 berichtet: Das Stück hat zwei sehr unterschiedliche Teile: Es beginnt wie eine Sommernachtskomödie, und der zweite Teil ist ein exzessives nächtliches dionysisches Fest, wo die Ängste sich immer mehr verdichten.