Der Färber und sein Zwillingsbruder

Theaterstück (Posse in 3 Akten) von Johann Nestroy

Premiere 14 Oktober 2011 im Volksheater

Mit: Matthias Mamedof (Kilian Blau, Färbermeister und Hermann Blau, Sergeant der Grenzgendarmerie), Andy Hallwaxx (Wetter, Sergeant der Grenzgendarmerie), Christian Graf (Schlag, Sergeant der Grenzgendarmerie), Arne Gottschling (Knall, Sergeant der Grenzgendarmerie), Christoph F. Krutzler (Sturm, Sergeant der Grenzgendarmerie), Wolf Dähne (Anselm, Altgeselle bei Kilian Blau), Andrea Bröderbauer (Roserl, in Kilians Hause erzogen), Thomas Bauer (Meister Klopf, ein Konditor), Thomas Kamper (Löwenschlucht, Oberforstmeister aus Sachsen), Nina Horváth (Cordelia, seine Schwester), Alexander Jagsch (Peter, sein Bedienter), Harald Serafin (General), Alexander Lhotzky (Major von Dornberg, Major der Grenzgendarmerie) ua

Regie: Vicki Schubert

Schon als Kinder sind sie von ihrem Vater verwechselt worden, bezog der eine die Prügel für die Streiche des anderen: die Zwillingsbrüder Hermann und Kilian Blau. Jetzt ist Hermann bei der Grenzgendarmerie, ein hemdsärmeliger Draufgänger und Schürzenjäger. Kilian hingegen – ein schüchterner, argloser Zivilist ohne jede „Kurasch'“ – hat den bodenständigen Beruf des Färbers ergriffen. Sie gehen sich geflissentlich aus dem Weg, Kilian hat den Bruder nicht einmal zu seiner Hochzeit eingeladen. Just an diesem Tag jedoch ereilt ihn die Nachricht, dass Hermann wegen einer Liebesaffäre sein Bataillon verlassen habe, unauffindbar sei; sollte er nicht rechtzeitig zurück sein, werde das schlimme Folgen für ihn haben. Auf der Stelle macht Kilian sich – gefolgt von seiner Braut Roserl – auf, Hermann zu suchen. Noch wissen die beiden nicht, dass ihnen eine Menge brenzliger und gefährlicher Situationen bevorstehen, denn um den martialischen Bruder zu retten, muss der friedfertige Kilian in dessen Uniform schlüpfen und stellvertretend den Helden markieren … (Inhalt Volksheater)

Christoph F. Krutzler, Wolf Dähne, Matthias Mamedof, Andrea Bröderbauer © Lalo Jodlbauer

Kritiken

Die Presse (Norbert Mayer): Nestroys wilde Posse übers Militär – Vicki Schubert inszeniert [..] mit Matthias Mamedof in der Doppelrolle. Die Musik ist flott, die Pointen sind sicher. … Die Premiere vom Freitag zeigte, dass vieles richtig gemacht wurde, um den Publikumsgeschmack des Hauses zu treffen; keine Experimente, sondern sanfte Ironie, viel Gefühl und schmissige Musik der Combo von Fritz Rainer. … Glücklich gewählt war die Besetzung der Hauptrolle. Mit Matthias Mamedof in der Doppelrolle als Färbermeister Kilian und dessen Zwilling Sergeant Hermann Blau wurde ein werdender Publikumsliebling geschickt in Szene gesetzt. … Andrea Bröderbauer nicht als süßes Mädel, sondern als resche Person [..]. Die Komik beherrscht sie. … Wie aus einer anderen Zeit wirkt auch Harald Serafin. Sein Auftritt als skurriler General im dritten Akt erfolgt aus dem Parkett. Und für immer hat er sie, die allgemeine Aufmerksamkeit und Bewunderung, als ob er eben zum Dancing Star gekürt worden wäre.

Kurier (Guido Tartarotti): Sommertheater im Oktober – Das Volkstheater bringt Nestroys Grenzüberschreitungs-Komödie „Der Färber und sein Zwillingsbruder“ als grellen Schwank mit Mörbisch-Flair. … Die Inszenierung von Vicki Schubert im Wiener Volkstheater inszeniert dieses durchaus abgründige Stück völlig harmlos, als wär’s ein Sommertheater-Schwank auf der Irgendwasburg bei St. Irgendwo an der Oberen Irgendwie. … Matthias Mamedof ist ein Anfangs irritierend nervöser Kilian/Manfred, der sich aber dann sehr schön ins genormte Nestroyhelden-Fach hineinblödelt. … Andrea Bröderbauer ist in einer der wenigen interessanten Frauenrollen Nestroys, als Kilians mutige Braut Roserl, großartig und entzückend, aber auch vielschichtig. Eine tolle Talentprobe. … Viel Jubel vom Premierenpublikum.

Wiener Zeitung (Hans Haider): Spaßzeit-Wunderwaffe aus Mörbisch – Nestroy schloss mit Hermanns Hochzeit, während Kilian sich glücklich mit seiner Roserl aus dem Staub macht. In Vicki Schuberts Holzhammerregie zwingt der General auch das Buffo-Paar zur Ziviltrauung. … Ein nimmermüder Gummimensch, dieser Matthias Mamedof mit seinen großen Kinderaugen im Kannitverstan-Gesicht. Ihm fehlt die Schärfe der reiferen Nestroy-Rollenerben auch im Sprechen. Statt die satirischen Perlenreihen genussvoll durchzukauen, spuckt er sie oft hastig weg. … Andrea Bröderbauer (Roserl) ist eine resche, selbstbewusste Gesellin im chemischen Gewerbe. Wenzel Scholz gab gewöhnlich auf der Nestroy-Bühne die traurigen Liebhaber. In seiner Intrigenrolle als Diener Peter ist Alexander Jagsch zum patscherten Französeln angehalten, aber er behauptet sich als Solitär wie aus einer anderen Welt.

Der Standard (Margarete Affenzeller): Mit der Elvis-Tolle auf den Appellplatz – Operettenhaft und sehr gefällig … Matthias Mamedof switcht gekonnt in der Doppelrolle der ungleichen Brüder: dem einen entschlüpft unterm Soldatenkäppi die Elvis-Tolle, der andere, Färber von Beruf, trägt sein Haar wie Cary Grant, und alle zusammen tragen sie schönstes Blau … Den kunstfertig tollpatschigen Slapstickszenen (Kampfeinsatz!) hält des Färbers Roserl (zünftig mit Gretelfrisur: Andrea Bröderbauer) ihre Grazie entgegen. Harald Serafin meistert seinen Auftritt als General gewohnt gurrend – und fertig war eine operettenhafte Nestroy-Schnurre. Ihr Herz pochte in den Nebendarstellern.

Links

OE1 spricht mit Vicki Schubert über das Stück und ihre Sicht: „Ursprünglich hat mich an meisten diese Doppelgänger-Geschichte interessiert. Diese Zwillingsgeschichte, die ja auch in Hollywood und überall immer wieder aufgegriffen wurde. Je mehr ich mich aber mit dem Militär beschäftigt habe, umso mehr hab ich daran den Spaß entwickelt und wir alle miteinander, weil diese Welt uns als Zivilisten so unbegreiflich ist. Dieser Ehrenkodex, dieser Männerwahn, Stolz und Würde eines Soldaten – das ist für einen Außenstehenden zum Teil wirklich skurril.“

Der ORF spricht mit Harald Serafin, der für den erkrankten Heinz Petters einspringt: „Den Text schnell lernen ist das schwierige. Die arbeiten ja schon seit Mitte August und ich bin jetzt dauernd mit dem Textbuch unterwegs.“

Angaben zum Stück auf www.nestroy.at

Biographie Johann Nestroy bei Wikipedia und Internationales Nestroy Zentrum Schwechat und Austria Lexikon

Internationales Nestroy Zentrum Schwechat

Johann Nestroy Ring

Nestroy Theater Preis (sowie bei Wikipedia)

 

Der böse Geist Lumpazivagabundus

Theaterstück von Johann Nestroy

Premiere 15 September 2011 im Theater in der Joefstadt

Mit: Alexander Waechter (Stellaris, Feenkönig), Lotte Ledl (Fortuna, Beherrscherin des Glücks, eine mächtige Fee), Maria Urban (Brillantine, ihre Tochter), Marianne Nentwich (Amorosa, eine mächtige Fee, Beschützerin der wahren Liebe), Gideon Singer (Mystifax, ein alter Zauberer), Bernd Ander (Hilaris, sein Sohn), Marianne Chappuis (Fludribus, Sohn eines Magiers), Erni Mangold (Lumpazivagabundus, ein böser Geist), Rafael Schuchter (Leim, ein Tischlergeselle), Florian Teichtmeister (Zwirn, ein Schneidergeselle), Martin Zauner (Knieriem. ein Schustergeselle), Susanna Wiegand (Sepherl, Kellnerin), Therese Lohner (Hannerl, Kellnerin), Toni Slama (Hobelmann, Tischlermeister in Wien), Daniela Golpashin (Peppi, seine Tochter)

Regie: Georg Schmiedleitner

Das Werk ist eine Zauberposse mit Gesang in drei Akten, die das Leben von drei Handwerksgesellen beschreibt, denen durch eine Machtprobe zwischen Fortuna und der Liebesfee Amorosa das große Los beschert wird. Zwei der drei Burschen treten zuerst das Glück mit den Füßen und werfen es hinterher beim Fenster raus, doch da letztlich die wahre Liebe siegt, kann der böse, verführerische „Unglücksgeist“, der die Knaben befallen hat, gebannt werden und Amorosa triumphiert. (mehr über den Inhalt bei Wikipedia).

Erni Mangold (Lumpazivagabundus), Florian Teichtmeister (Zwirn), Martin Zauner (Knieriem) - (c) Astrid Knie

Kritiken

Der Standard (Margarete Affenzeller): Wer das Geld anbetet, verliert sein Leben – Nach einem von Feenhand initiierten Lottogewinn haben der depressive Knieriem (Martin Zauner) und der exaltierte Zwirn (Florian Teichtmeister) nur geprasst und geprahlt, und Leim (Rafael Schuchter) hat sich zum strebsamen Saubermann gemausert, der den anderen scheinbar selbstlos auf die rechte Bahn helfen will. Dabei trägt er die gelackte Montur eines modernen Kapitalisten. Und in dieser feinen Nuancierung entpuppt sich das schön und sachte in Szene gesetzte Trugbild: das vorgeblich korrekte Bürgerleben als die eigentliche Lüge. … Vor allem aber hilft der Ambient-Sound der erstmals an der Josefstadt verpflichteten Sofa Surfers dem im Fifties-Stil ausgestatten und vom leichten Staub der grellen Trash-Mode gezeichneten Abend immer wieder auf die Beine.

Kurier (Guido Tartarotti): Nestroys „Lumpazivagabundus“ in derJosefstadt, versuchsweise realistisch gedeutet: Interessant und ein bisschen fad. … Regisseur Georg Schmiedleitner zeigt das Stück fast ohne Zauber, ohne Possen und ganz ohne Gesang. Viel bleibt da leider nicht übrig. Aber das, was übrig bleibt, ist interessant. … Jubel, aber auch Angst- und Duldungsstarre im Publikum.

Wiener Zeitung (Bernhard Baumgartner): Hier rockt das Lotterleben – Die Josefstadt bringt einen neuen, fast kantigen Nestroy auf die Traditionsbühne. … Eine kahle Erni Mangold als Lumpazivagabunds zieht dabei das Publikum von Beginn weg in ihren Bann. Die 74-Jährige spielt den grantig-siegessicheren Geist mit unglaublichem Esprit und Präsenz, die die jungen Kollegen kaum aufkommen lassen. … Es ist auch kein sehr gefälliger Lumpazivagabundus, der dem überraschten Publikum hier vorgesetzt wird. … Die Couplets besorgen etwa die Sofa Surfers live, hier wird „Die Welt steht auf kan Fall mehr lang“ zur anklagenden Rock-Hymne.

Die Presse (Norbert Mayer): Lumpazivagabundus: Nestroys Kinderwagen-Tragödie – Georg Schmiedleitner verschlankt in seiner Inszenierung Nestroys zynische Komödie und traut sich Sarkasmus zu. Erni Mangold gibt dem Feenreich starken Charakter. … Erni Mangold mit Glatze spielt diesen Ungeist, der aus braven Handwerkern und blasierten Feen Hasardeure und Prasser macht, begeisternd. … Hier wird richtig schwarzer Nestroy gespielt, da darf man Fratzen machen und bittere Miene zum Endspiel. Es geht um die Krise, um Glücksritter, um die Verdorbenheit der Welt im explosiven Vormärz. Der Stoff ist immer noch aktuell.

OÖNachrichten (Reinhold Reiterer): Ein echter Nestroy, aber unwienerisch. … Schuchter, Teichtmeister und Zauner erweisen sich als starkes Darstellertrio, Mangolds Lumpazi ist zum Niederknien, und Toni Slama spielt den Tischlermeister Hobelmann, als wäre er ein ISO-zertifizierter Nestroydarsteller. … So schaut ein echter Nestroy aus, auch wenn ihn Schmiedleitner ganz „unwienerisch“ in Szene gesetzt hat. Das Publikum spendete teils böse Blicke, aber auch Bravos.

oe24 (E Hirschmann): Erni Mangold: Mit 84 noch eine Sexbombe – Und viel besser als in Georg Schmiedleitners reduzierter, die üblichen Wiener Biedermeier-Zuckerguss-Unarten vermeidender Inszenierung auf einer schwarzen, mit wenigen Requisiten ausgestatteten Bühne kann man sich den frühen Wurf des witzigen, bissigen Vormärz-Dichters kaum vorstellen.

Links

Gespräch mit den Sofa Surfers über die Bühnenmusik auf OE1

Interview mit Erni Mangold und Daniela Golpashin in Die Presse – Schaufenster

Inhalt, Interpretation und Analyse bei Wikipedia

Textbuch bei www.nestroy.at und Projekt Gutenberg

Biographie bei Wikipedia und Internationales Nestroy Zentrum Schwechat und Austria Lexikon

Internationales Nestroy Zentrum Schwechat

Johann Nestroy Ring

Nestroy Theater Preis (sowie bei Wikipedia)

Attila Hörbiger – Kometenlied